facharzt - HYPERKINETISCHE STÖRUNGEN
   
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  ZWANGSSTÖRUNGEN
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9 HYPERKINETISCHE STÖRUNGEN
9.1 DEFINITION, KLASSIFIKATION und HÄUFIGKEIT
·         Früher Beginn (gewöhnlich in den ersten 5 LJ.)
·         Kombination von überaktivem, wenig moduliertem Verhalten mit deutlicher Unaufmerksamkeit und Mangel an Ausdauer
·         Situationsabhängige und zeitstabile Verhaltenscharakteristika
Assoziierte Merkmale
·         Symptome emotionaler und dissozialer Störungen
·         Lern- und Leistungsstörungen
Begleitmerkmale
·         Distanzstörungen in sozialen Beziehungen
·         Unbekümmertheit in gefährlichen Situationen
·         Impulsive Mißachtung sozialer Regeln
·         Lernströrungen
·         Motorische Ungeschicklichkeit
LEITSYMPTOME:
·         Unaufmerksamkeit
·         Hyperaktivität
·         Impulsivität
Zusätzliche Kriterien
·         Störungsbeginn vor dem 7. LJ.
·         Situationsunabhängigkeit der Symptome
·         Resultierende psychosoziale Funktionsbeeinträchtigung
·         Ausschlussdiagnosen (tiefgreifende Entwicklungsstörung, manische Episode, depressive Episode oder Angststörung)
·         Mindestens 6 Monate Dauer
Definition ist deskriptiv und am Verhalten orientiert
Überschneidungen mit frühkindlichen Hirnstörungen (HFS) und spezifischen Lernstörungen
 
ICD-10:
·         F90.0 einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung
·         F90.1 hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens
DSM-IV:
·         Mischtypus (ADHS)
·         Vorwiegend unaufmerksamer Typus (ADS)
·         Vorwiegend impusiver Typus (HI)
Prävalenzraten differieren von 3-5 %
Isle-of-White-Studie nur ca. 0,1 %
Jungen 3-9 mal häufiger
 
9.2 KLINISCHES BILD
Säuglingsalter
·         Leicht irritierbar und erregbar mit Regulationsstörungen
·         Frühe motorische Entw.
·         Sauberkeitsentw. und Sprachentw. eher verzögert
Kindergarten
·         Umtriebigkeit
·         Geringe Spielintensität und –ausdauer
·         Mangemlnde Verhaltenssteuerung und Impuskontrolle
·         Regelverletzungen und Störverhalten
·         Aktivität ziellos und dranghaft
·         Häufig gefährliches Verhalten, Unfälle, Vergiftungen
·         Heftige Wutanfälle
·         Empathiemängel
·         Soziale Isolation und Ausgliederung
Grundschulalter
·         Fehlendes Konzentrationsvermögen
·         Ablenkbarkeit
·         Zappeligkeit und motor. Unruhe
·         Impulsives Störverhalten
·         Kognitive Strukturierungsunfähigkeit
·         Mangelnde Verhaltenssteuerung und Impusivität
·         Häufig zusätzlich: dissoziales Verhalten, aggressive Durchbrüche, Reizbarkeit, Distanzlosigkeit, Disziplinprobleme, emotionale Stigmatisierung mit niedrigem Selbstwertgefühl, depressive Verstimmung, Affektlabilität, Schulleistungsstörungen.
Jugendalter
·         Teilw. Rückgang hyperaktiver Symptome
·         Aufmerksamkeitsdefizite und Impulsivität resistenter
·         Dissoziales Verhalten
·         Schulleistungsstörungen
·         Mangelnde Akzeptanz in der Gruppe
·         Residualsymptome und dabei speziell Aufmerksamkeitsdefizite bis in das Erwachsenenalter
 
Komorbiditäten
·         Störung des Sozialverhaltens
·         Angststörung
·         Depression
·         Ticstörungen
·         Lernstörungen
·         Motorische Entwicklungsstörung
·         Hirnstörungen
·         Austismus-Spektrum-Störugen
(unterstrichen= klassifizierte Subtypen)
 
9.3 DIAGNOSE UND DD
·         Zentrale Bezugspersonen des Kindes klagen über mangelnde Aufmerksamkeit, motorische Unruhe und Impulsivität
·         Symptome sind situationsunabhängig, Beeinträchtigung der Funktionstüchtigkeit
·         Skalen zur Verhaltensbeobachtung deutliches Abweichen von Altersnorm
·         Bereits seit frühen Kindesalter
·         Mind. Halbes Jahr
·         Intelligenz ist normal (IQ über 70)
·         DD ausgeschlossen
Untersuchungsablauf:
Fragebögen für Eltern/ Lehrer:
·         ADHS/ODD-Fragebogen od. FBB-ADHS des DISYPS-II
·         CBCL
·         FB zu Stärken und Schwierigkeiten, Fremdbeurteilung (SDQ)
·         Teacher Rating Form (TRF)
FB für ältere Kinder und Jugendliche:
·         Youth-Self-Report (YSR)
·         FB zu Stärken und Schwächen, Selbstbeurteilung (SDQ)
Klinische Untersuchung:
·         ANAMNESE (Schwangerschaft, Geburt, frühkindl. Entw., ZNS, spez. Entwicklung der Symptomatik, Familienanamnese)
·         Exploration, INTERVIEWS (Eltern, Lehrer, Kindergärtnerinnen)
·         VERHALTENSBEOBACHTUNG (Fehleinschätzungen möglich)
·         ENTWICKLUNGSNEUROLOGISCHE UNTERSUCHUNG, NEUROPSYCHOLOGISCHE TESTUNTERSUCHUNGEN (Aufmerksamkeit, Sprache, Motorik, Lernen, Wahrnehmung, Abstraktion, schulische Fertigkeiten
·         KÖRPERLICHE UNTERSUCHUNG (Größe, Gewicht, Kopfumfang- fetales Alkoholsyndrom, Labor, EEG- Epilepsie, Genetik- fragiles X-Syndrom)
DIFFERENZIALDIAGNOSEN:
·         Entwiklungsbedingte Hyperaktivität als Normvariante insbes. Im Kleinkind- und Vorschulalter
·         Situative oder durch Substanzen induzierte motorische Unruhe und Konzentrationsstörung
·         Somatische Störung (z.B. Hyperthyreose)
·         Anpassungsstörungen
·         Störungen des Sozialverhaltens
·         Angststörungen
·         Affektstörungen
·         Deprivations-/Bindungsstörungen
·         Hirnstörungen
·         HKS (Erethie) bei schwerer geistiger Behinderung
·         Autismus-Spektrum-Störungen
·         Schizophrenien
·         Emotional-instabile-Persönlichkeitsstörungen
 
9.4 ÄTIOLOGIE
multifaktorielle Genese:
·         Neurobiologische Bedingungen
·         Umweltfaktoren (soziale Unterschicht, Partnerkonflikte, psychische Störugen der Eltern, Erziehungsdefizite, Störungen der Eltern-Kind-Beziehung)
·         Organischen Genese (strukturellen Anomalien der Hirnmorphologie speziell des Frontalhirns und der Basalganglien, verminderter Hirnstoffwechsel in Kortex und Subkortex- speziell der Basalganglien)
·         Störungen der Neurotransmittersysteme (unterfunktion des dopaminergen Systems)
·         Genetisch Faktoren (Familien-, Adoptions-, Zwillingsstudien),
·         Interaktionen zwischen Genen und Umwelt (z.B. Dopamintransporter-Gen und Alkoholexposition in der Schwangerschaft)
·         Epigenetische Faktoren (Gen-Umwelt-Interaktio
·         Region auf Chromosom 16
·         Allergologische Hypothesen (Nahrungsergänzungsmittel, Omega-3-Fettsäuren)
·         Atopische Störungen
·         Toxine (Alkohol und Nikotin wd. der Schwangerschaft, Bleiexposition)
 
9.5 THERAPIE
Mehrdimensionale Therapie
·         Psychoedukation
·         Pharmakotherapie mit Stimulanzien
·         Verhaltenstherapeutische Methoden
o   Kontingenzprogramme
o   Selbstinstruktionsprogramme
o   Elterntraining
·         Behandlung komorbider Störungen
·         Langfristige Elternberatung
·         Sonderpädagogische Maßnahmen
 
9.5.1 PHARMAKOTHERAPIE
Stimulanzien= erste Wahl, positive Effekte bei 60-90%
 
Regeln für die Durchführung der Medikation
·         Ausschluß von Medikamenten- oder Drogenabhängigkeit in der Familie
·         Information von Kind, Eltern, Lehrern über wirkung und NW
·         Auflösung von Fehlinformationen (z.B. sedierenden Effekt, Abhängigkeit..)
·         Individuelle Dosisgestaltung
·         Medikamentenpause in den Ferien
·         Regelmäßige Überprüfung der Effekte (Eltern-/Lehrerfragebogen)
·         Beobachtung der Einstellung des Kindes zur Medikation
·         Kontrolle von Größe, Gewicht, Puls, RR
·         Beobachtung der Compliance
 
·         METHYLPHENIDAT
o   Ritalin, Concerta, Medikinet : 5-40 (60) mg/Tag 0,3-1,0mg/kg KG
·         AMPHETAMIN
o   Amphetaminsaft       5-20 (40) mg/Tag    0,15-0,5 mg/kg KG
·         ATOMOXETIN
o   Strattera        18-60 (100) mg/Tag                       0,5-1,8 mg/kg KG
 
·         Methylphenidat:
o   ältere Kinder häufig geringere Dosis
o   nach 1-2 h höchste Serumkonzentration
o   Wirkungsdauer von etwa 4 h
o   Halbwertszeit von 7 h
o   Langzeitstimulanzien: Wirkdauer 7-12 h, Einmalgabe
·         Dextroamphetamin:
o   In Apotheken als Amphetaminsulfat
o   Bei beiden schnelle Wirksamkeit, kurzfristige Dosisanpassung, Aussetzen Ferien möglich
o   NW: initiale Appetit-, Schlafstörung, geringfügige Wachstumsbeeinträchtigung mit Rebound nach Absetzen, kardiovaskuläre Symptome (gesteigerte HF und RR), epilept. Anfall (Epilepsie keine Kontraind.), Tics (bei Disposition), Substanzmißbrauch (v.a. bei Stör. d. SV)
·         Atomoxetin:
o   Wirkdauer etwa 12 h, Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (NARI)
o   Unterliegt nicht Betäubungsmittelgesetz
o   Deutliche Wirkung erst nach einigen Wochen
o   NW: Appetitminderung, Benommenheit, Dermatitis, Dyspepsie
o   Speziell bei V.a. Substanzmißbrauch
 
·         Antidepressiva
o   In Einzelfällen bei Ineffektivität der Stimulanzien
o   Bei Komorbiditöäten wie Angststörung, Depression...
·         Barbiturate
o   Verschlechtern Symptomatik= kontraindiziert
·         Clonidin
o   Wg. Sedierenden Wirkung bei Kindern bei ausgeprägten Einschlafstörungen oder aggressiver Symptomatik
·         Bupropion
Koexistierenden aggressiv-dissozialen Symptomen
 
9.5.2 VERHALTENSTHERAPIE
 
Prinzipien der Verhaltensmodifikation in sozialen Kontexten
·         Identifikation spezifischer Problemsituationen und spez. Verhaltensprobleme
·         Kontinuierliches Aufzeichnen von Verhaltensverbesserungen
·         Analyse positiver und negativer Konsequenzen und Kontingenzen für angemessenes und problematisches Verhalten
·         Verbesserung der Wahrnehmung von Eltern/Lehrern in Supervisionssitzungen, wenn negative Interaktionen dominieren
·         Vermittlung von effektiver Kommunikation
·         Einsatz von Münzverstärkung für angemessenes Verhalten
·         Negative Konsequenzen für problematisches Verhalten (Verstärkerentzug und Verhaltensverträge)
·         Einbeziehung des Kindes als aktiven Teilnehmer des Therapieprozesses
Kontingenzprogramm nach dem Modell der operanten Konditionierung, Verstärkersysteme
Eltern- und Erziehertrainings
Kombinationsbehandlung ermöglicht niedrigere Dosis von Stimulanzien
Selbstkontrollprogramme mit Problemdefinition, Entwicklung von Lösungsschritten, Umgang mit Fehlern und Selbstverstärkern
Therapieprogramm für Kinder mit hyperkinetischem und oppositionellem Problemverhalten (THOP)
Präventionsprogramm für expansives Problemverhalten (PEP)
 
9.5.3 ERGÄNZENDE MASSNAHMEN
·         Behandlung komorbider Störungen (Cave! Interaktionen von Medikation...)
·         Langfristige Elternberatung
·         Sonderpädagogische Massnahmen
·         Cave! Diäten: keine gesicherte Datenlage, Mangelernährung, psychohygienische Gründe
9.6 VERLAUF
·         Möglichkeit der Persistenz über Adoleszenz hinaus
·         Übergänge in andere psychiatrische Störungen
·         Jugendalter persistierende HKS 10-85%, Stör. d SV 3-45%
·         Erwachsenenalter 8-67%, Substanzmißbrauch 16%
·         Kernsymptom Unruhe am ehesten Besserung
Adoleszente intensive Selbstwertkrisen, geminderte soziale Kompetenz
Individuelle Prognose kaum beurteilbar
Ungünstige prognostische Faktoren:
·          Hohe Symptomausprägung
·         starke soziale Funktionseinschränkung
·         niedrige Intelligenz
·         inkonsistenter und autoritärer Erziehungsstil
·         psychische Störung der Eltern
 
3 Typen von Verläufen:
1.      Minderheit: vollkommen normaler Verlauf
2.      Kleiner Teil ausgeprägte psychiatrische, meist dissoziale Störungen oder komorbide Störungen wie  Angst- Affekt- und Persönlichkeitsstörungen

Fast 2/3 persistierende HKS

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